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Geschützt: Online-Kurs in Natur-Prozessbegleitung

Dein Natursitzplatz

In meiner Weiterbildung zum Wildnispädagogen bin ich der Übung „Sitzplatz“ begegnet, und sie hat einen tiefen Eindruck bei mir hinterlassen. Seitdem ist sie ein fester Bestandteil meiner Arbeit in der Natur-Prozessbegleitung geworden – und nun möchte ich dich dazu einladen, dich auf diese Übung einzulassen.

Ich lade dich ein, dich ohne Erwartungen und ganz intuitiv in der Natur zu bewegen, bis du auf einen Ort stößt, der dich innerlich anspricht. Es geht nicht darum, einen „perfekten“ Platz zu finden – sondern darum, deiner eigenen Resonanz zu folgen. Wenn du deinen Platz gefunden hast, mach es dir dort bequem und verweile still.

Die Aufgabe besteht darin, sowohl die äußere Natur als auch dein inneres Erleben achtsam wahrzunehmen. Nicht das Tun steht im Vordergrund, sondern ein waches, fühlendes, sinnlich-unmittelbares Dasein.

Umgeben von Pflanzen, Tieren, Licht und Wind kannst du Naturverbindung, Wildheit und Authentizität erfahren. Wenn du regelmäßig an diesen Ort zurückkehrst, wird er mehr und mehr zu einem Spiegel: für deine Verbundenheit mit allem Lebendigen, für deine Kreativität, für dein verspieltes Wesen. Dein Sitzplatz wird zu einem Raum, in dem du erleben kannst, dass auch du Teil des zyklischen Rhythmus des Lebens bist.

Ich empfehle dir, deinen Platz so oft wie möglich aufzusuchen – vielleicht täglich, vielleicht seltener, dafür länger. Wichtig ist die Beständigkeit. Denn nur mit der Zeit kann sich die Tiefe dieser Übung wirklich entfalten.

Gerade wenn du stark an äußere Reize oder an klare Strukturen gewöhnt bist, kann es sein, dass du anfangs Unruhe oder sogar Widerstand verspürst. Gedanken wie „Hier passiert ja nichts“ oder „Wie lange soll ich noch sitzen?“ sind ganz normal. In einer Welt voller Ablenkung und Geschwindigkeit kann es ungewohnt sein, sich auf die feinen, leisen Stimmen der Natur einzulassen. Ich möchte dich ermutigen, auch dann präsent zu bleiben – ohne dich mitreißen zu lassen. Viele berichten, dass sich diese innere Spannung nach etwa 10 bis 15 Minuten löst. Wenn du dich wirklich öffnest, wirst du sensibler für die kleinen Wunder ringsum, findest allmählich zurück zu dir selbst – und erfährst eine heilsame Entschleunigung.

Dein Sitzplatz kann ein Ort zum Ankommen sein. Zum Erden. Zum Spüren deines eigenen Seins. Es kann hilfreich sein, danach Gedanken und Eindrücke aufzuschreiben – oder im Austausch mit anderen zu teilen. Auch nächtliche Sitzplatzzeiten haben ihren Reiz – sie stellen uns durch die Dunkelheit vor besondere Herausforderungen und eignen sich besonders für tiefere Prozesse. Vielleicht möchtest du auch einmal einen ganzen Tag an deinem Platz verbringen – eventuell verbunden mit Fasten. Und selbst im Alltag – vielleicht im Garten, auf dem Balkon oder an einem Fensterplatz – kannst du eine Form dieser Übung leben.

Auch in der Gruppe lässt sich der Sitzplatz gut gestalten: Zum Beispiel im Kreis, mit Blick nach außen. Jeder geht in die eigene Wahrnehmung – und doch entsteht ein gemeinsames Feld von Achtsamkeit, Stille und Wachheit.

Mögliche Impulse zur Vertiefung

Wenn du deinen Sitzplatzbesuch vertiefen möchtest, kannst du einzelne dieser Impulse ausprobieren. Nimm sie behutsam auf, immer nur einen zur Zeit:

– Farbwahrnehmung
Lenke deine Aufmerksamkeit auf die Farben um dich herum. Welche Gefühle oder Gedanken tauchen auf? Welche Wirkung haben bestimmte Farben auf dich?

– Tierbeobachtung
Vielleicht begegnet dir ein Insekt, ein Vogel oder ein anderes Wesen. Was tut es? Wie bewegt es sich? Und was berührt dich daran?

– Akustische Aufmerksamkeit
Lausche den Klängen der Umgebung – Vogelstimmen, Rascheln, Geräusche in der Ferne. Was erzählt dir der Klangraum?

– Resonanz
Achte auf deine innere Gefühlslage. Wie verändert sich dein Erleben mit jeder neuen Wahrnehmung – bei einem Wetterumschwung, einer Tierbegegnung oder wenn du dich einfach anders hinsetzt?

– Wetterbeobachtung
Wie zeigt sich das Wetter heute? Und was macht das mit dir – innerlich wie äußerlich?

– Körperbewusstsein
Spür in deine Haltung hinein. Gibt es unnötige Anspannungen? Finde eine Position, in der du entspannt und gelöst verweilen kannst.

– Weitwinkelblick
Öffne deinen Blick – ganz weit, wie eine Eule, die die ganze Landschaft umfasst. Was verändert sich in dir, wenn du nicht fokussierst, sondern alles auf einmal siehst?

– Atemachtsamkeit
Spüre deinen Atem. Wenn Gedanken auftauchen, kehre sanft zum Atem zurück – ins Hier und Jetzt.

– Prozessorientiert
Vielleicht gibt es eine Frage, die dich gerade bewegt. Du kannst sie still mit an den Sitzplatz nehmen – etwa:
– „Was nährt mich gerade wirklich?“
– „Was braucht meine Seele?“
– „Was will in mir wachsen?“

Diese Impulse stärken deine Verbindung zur inneren und äußeren Natur. Nimm dir nach jeder Sitzung Zeit zur Reflexion – schreib vielleicht ein paar Zeilen, oder sprich mit jemandem darüber. So verankerst du das Erlebte und öffnest dich weiter für die lebendigen, feinen Verbindungen, die dich umgeben.

Zudem möchte ich dich einladen, einen Erfahrungsbericht über eine Sitzplatzerfahrung zu schreiben.

Falls du Interesse an einer Zertifizierung hast, ist dieser Erfahrungsbericht notwendig.